Mittlerweile ist es schon 14 Monate her, dass die Covid19-Pandemie den Spielbetrieb, alle Präsenzturniere und Präsenztrainingsabende jäh stoppte: Nachdem am 12. März die Bundeskanzlerin dazu aufgerufen hatte, alle Kontakte so gut es geht zu reduzieren, war es unausweichlich, dass gleich am nächsten Tag der Schachbezirk Pforzheim umgehend den Spielbetrieb einstellen würde – die dazu geplante Sondersitzung des Bezirksvorstands war dann glücklicherweise gar nicht mehr nötig, da am 13. März auch der Badische Schachverband die Notbremse zog – und den Spielbetrieb auf allen Ebenen aussetzte. Letzlich kam der Schachsport damit knapp den offiziellen Kontaktbeschränkungen zuvor, welche kurz darauf nicht nur den Schachsport unmöglich machen sollten. Manch einer, ja sicher viele hatten damals die Hoffnung, dass dies nur eine kurze Pause werden würde und man die verpassten Spiele schon bald, vielleicht im Sommer, aber hoffentlich doch im Herbst nachholen könne, und danach alles wieder „normal“ sein würde. Doch wie wir jetzt wissen, folgte auf eine Entspannung im Spätsommer die zweite Welle im Herbst: Auch der Corona-Ersatzspielbetrieb (mit reduzierten Mannschaftsstärken, freiwilliger Teilnahme, Hygienekonzept und weniger Runden) fiel dieser veränderten Situation zum Opfer. Ja, im Nachhinein kann man sich vielleicht gar nicht mehr richtig vorstellen, warum man die Hoffnung hatte, dass ein Wettkampfbetrieb – wenn auch nur eingeschränkt – möglich sein könnte. Auch die erstaunlich schnelle Entwicklung von Impfstoffen gegen das neuartige Coronavirus half da nichts: Während die Impfkampagne zu Beginn des Jahres 2021 zunächst doch nur schleppend anlief, ließen fallende Infektionszahlen Mitte Februar die politisch handelnden Personen blenden, sodass es Lockerungsmaßnahmen gab, die sich zwar viele wünschten, aber die angesichts der rasant steigenden Fallzahlen bei den Infektionen mit mutierten Varianten des CoV2-Virus eigentlich absehbar zum falschen Zeitpunkt kamen. Es kam wie es kommen musste: Auch wenn sich die Zahlen langsam in die richtige Richtung bewegen, stecken wir weiterhin noch in der dritten Welle mit bundesweit strikten Kontaktbeschränkungen und nächtlichen Ausgangssperren (zumindest in Baden-Württemberg bereits seit November bekannte Maßnahmen).
Auf Initiative von Joachim Sautter (Spielleiter Bezirksturniere) konnte die Lücke an Präsenz-Veranstaltungen, die sich auftat, zumindest ein wenig dadurch geflickt werden, dass der Schachbezirk seit über einem Jahr Online-Turniere auf der kosten- und werbefreien Plattform lichess.org anbietet. Während das 1. Turnier am 7. April 2020 im Arena-Modus mit 26 Teilnehmer*innen einen regen Andrang fand, konnten wir in der Folge leider nie mehr diese hohen Teilnehmendenzahlen erreichen. Trotzdem sind wir mittlerweile bei 31 abgeschlossenen Turnieren (an 30 Terminen) angekommen, die im zweiwöchigen Rhythmus und seit dem 4. Turnier im damals neu auf Lichess freigeschalteten Schweizer System ausgetragen werden. Neben einem harten Kern von Spielern, die bisher jedes (oder zumindest fast jedes) mitgespielt haben, gibt es noch einige weitere Spieler*innen, die ab und zu mitspielen, das Teilnehmendenfeld bereichern und gerne auch mal die „üblichen Verdächtigen“ von den Spitzenplätzen verdrängen. Mit Abstand die meisten Turniersiege konnte dabei bisher Dr. Thomas Gauss (SF 1954 Conweiler) einheimsen – gleich zwölf mal stand er schon am Schluss ganz oben auf dem (virtuellen) Treppchen! Bei der offiziellen Bezirksblitzmeisterschaft musste er dann aber seinen (in der Saison 2019/2020 noch in Präsenz erkämpften) Titel als Bezirksblitzmeister abtreten: Marcel Dubansky (SF Illingen) stellte eindrucksvoll unter Beweis, weshalb er eine Lichess-Blitzwertungszahl von jenseits der 2500(!) besitzt und sicherte sich mit deutlichen Abstand den Titel vor den Punktgleichen Martin Hartmann (SC Pforzheim 1906), Dr. Thomas Gauss und Maximilian Nass (SC Ersingen). Ein weiteres Highlight-Turnier war das (leider quantitativ nicht so gut besuchte) Silvesterblitzturnier mit Maximilian Nass als Sieger. Dass es bei den Turnieren mitunter sehr knapp zugeht, zeigt ein Blick auf die Siegerliste, auf die sich mittlerweile bereits 10 verschiedene Spieler*innen (bei 31 Turnieren) eintragen konnten. Nächste Woche geht es am Dienstag, den 18. Mai, weiter. Vielleicht kann sich ja an diesem oder den darauf folgenden Terminen am 1. und 15. Juni jemand Neues an die Spitze setzen? Neue Mitspieler aus dem Schachbezirk sind immer gerne willkommen und können dem Team des Schachbezirks beitreten, um an den Turnieren teilzunehmen. Umso mehr Leute mitspielen, desto besser!
Wo stehen wir hingegen heute mit dem Präsenz-Spielbetrieb? Aus meiner Sicht gibt es drei Ebenen:
1.) rechtliche Rahmenbedingungen
Auf die rechtlichen Rahmenbedingungen haben wir alle nur mittelbar Einfluss, nämlich indem wir uns an die Kontaktbeschränkungen halten und so weiter dazu beitragen, dass die Pandemie abflaut. Natürlich hilft es auch, sich impfen zu lassen, sofern man denn dazu berechtigt ist und einen Termin bekommt. Bis allen erwachsenen Bundesbürger*innen ein Impfangebot gemacht worden ist und die Impfwilligen dann auch tatsächlich die erforderliche Anzahl an Impfungen erhalten hat, dauert es trotz des angezogenen Tempos der Impfkampagne wohl noch mindestens zwei, eher mehr Monate. Erleichterungen für bereits vollständig Geimpfte geben Grund zur Hoffnung, dass dann im Sommer zumindest die strengeren Kontaktbeschränkungen ganz wegfallen könnten. Dennoch: Auch Impfstoffe können derzeit noch keinen hundertprozentigen Schutz garantieren und trotz berechtigter Hoffnung bleiben noch gewisse Unwägbarkeiten bzgl. der symptomfreien Weitergabe des Virus oder neuerlichen Virus-Mutationen. Die Rückschläge, die wir in den vergangenen Monaten immer wieder erleben mussten, lehren uns, dass wir uns nicht zu früh freuen sollten.
2.) Position der Verbände und Bezirke
Innerhalb der Verbände stellt sich hinter der Frage, ob eine Wettkampfdurchführung überhaupt rechtlich erlaubt ist, die an, ob diese auch sinnvoll ist oder ob Unabwägbarkeiten eine weitere Verschiebung erforderlich oder zumindest sinnvoll erscheinen lassen. Im Falle des Badischen Schachverbandes wurde hierzu auf dem außerordentlichen Verbandstag im Februar die Grundsatzentscheidung getroffen, dass die Saison 2019/2020 weiterhin regulär beendet werden soll. Auf dieser Grundlage hat der Turnierordnungsausschuss des Badischen Schachverbandes gehandelt und derzeit (noch?) Verbandsrundentermine am 13. Juni und 4. Juli vorgesehen; im Schachbezirk Pforzheim würden wir ggf. unsere Spiele auf Bezirksebene jeweils eine Woche später austragen. Aktuell ist die Situation jedoch so, dass immer mehr Zweifel aufkommen, ob diese Termine haltbar sind. Kommende Woche tagen zunächst die Bundesspielkommission und daraufhin dann nochmals der Turnierordnungsausschuss, sodass dann eine Entscheidung über eine ggf. weitere Terminverschiebung möglich wäre.
3.) individuelle Perspektive
Die letzte Ebene betrifft schließlich die Vereine und Spieler*innen selbst: Sind unter den Bedingungen (aktuelles Infektionsgeschehen, Hygienebedingungen, ggf. Testpflicht) die Spieler*innen überhaupt bereit, wieder ans Brett zu kommen und die schon so lange unterbrochene Saison zu Ende zu spielen oder überwiegen am Ende (weiterhin berechtigte) Sorgen um die eigene Gesundheit und die des persönlichen Umfeldes? Haben sich ggf. Interessen im Laufe der Pandemie verschoben, sodass Schach gar keine Priorität mehr hat? In wie weit haben die Vereinsgefüge unter der Pandemie gelitten? Ich dieser Hinsicht gibt es viele offene Fragen und teilweise sind vielleicht sogar die Spieler*innen noch nicht entschieden, ob, wie und wann sie wieder bereit wären, am Brett in Präsenz Wettkämpfe zu bestreiten. Ich wäre über jede Rückmeldung dankbar, die vielleicht etwas mehr Planungssicherheit in dieser Sache bringt, verstehe aber – wie angedeutet – auch, dass auch die Vereine hierzu noch nicht genügend Informationen von ihren Spieler*innen haben. Vor diesem Hintergrund würde ich mir zwar wünschen, dass wir bald die Saison zu Ende spielen könnten, befürchte jedoch, dass dies im Zweifelsfall nur unter Inkaufnahme von einigen Spielabsagen und vielen freien Brettern möglich sein wird.
Auf ein baldiges und gesundes Wiedersehen am Schachbrett!